Das Programm der dritten Saison ist dem Recht auf freies Leben und Schaffen gewidmet
Das Projekt Musica non grata geht in die dritte Saison. Im Kontext der aktuellen Ereignisse, in denen eine deutliche Parallele zur tragischen Geschichte des 20. Jahrhunderts erkennbar ist und von denen der Zyklus Musica non grata erzählt, nimmt das Nationaltheater seine Botschaft umso intensiver wahr: die Botschaft des Rechts auf ein freies Leben in einer demokratischen Welt und das Recht auf ein freies, pluralistisches kreatives Umfeld.
Zu den Höhepunkten von Musica non grata 2022 gehören vier Opern- und Operettenpremieren in der Produktion des Nationaltheaters und der Staatsoper, die Vorstellung der Oper Verlobung im Traum in der Koproduktion mit dem Mährisch-schlesischen Nationaltheater Ostrava, die tschechische Erstaufführung der Symphonie Nr. 21 „Kaddish“ von Mieczysław Weinberg und das Treffen von jungen Künstlern im Rahmen der Musikakademie Terezín. Aufgrund der Pandemie wurden zwei für 2021 geplante Opernproduktionen in den Frühjahrsteil des Programms verschoben: Der ferne Klang von Franz Schreker und Flammen von Erwin Schulhoff. Im Herbst wird die Staatsoper die Jazzoperette Ball im Savoy von Paul Abraham und das Nationaltheater die Oper Schwanda der Dudelsackpfeifer aufführen. Mit Ausnahme von Flammen sind alle diese Werke mit dem Neuen deutschen Theater und dem Nationaltheater historisch verbunden.
Die künstlerische Plattform Musica non grata wird der Zusammenarbeit tschechischer und ausländischer Künstler uneingeschränkt offenstehen. Der Regisseur Timofej Kuljabin, zweimaliger Gewinner des Golden Mask Award in der Kategorie „Produktion des Jahres“, wird sein tschechisches Debüt geben. Weitere Programmpunkte wurden von Calixto Bieito, Martin Čičvák und Vladimír Morávek inszeniert. Auf der Bühne treffen sich führende tschechische und ausländische Sänger und Sängerinnen: Světlana Aksenová, Aleš Briscein, Daniel Scofield, Denys Pivnitsky, Tone Kummervold, Vanda Šípová, Patricia Janečková, Jiří Brückler, Svatopluk Sem, Alžběta Poláčková, Jana Šrejma Kačírková, Jaroslav Březina und viele andere.
„Wie kann Musik ‚nicht erwünscht‘ sein? Eine der großartigsten Leistungen der Menschheit, die uns über alle Sprachgrenzen hinweg verbindet? Der Nationalsozialismus hat in seinem blinden, ungeheuren Fanatismus auch davor nicht Halt gemacht. Er verfolgte Künstlerinnen und Künstler, weil ihre Musik als ‚entartet‘ galt, weil sie politisch missliebig waren, weil sie Jüdinnen waren oder Juden. Es ist uns Verpflichtung, die Erinnerung an diese Künstler und ihre große musikalische Schaffenskraft am Leben zu erhalten. Gerade hier in Prag, waren und sind sie doch Teil des einzigartigen tschechisch-jüdisch-deutschen Prager Kulturerbes. Wir wollen mit Hilfe dieses Projekts die Musik, die durch die Nationalsozialisten zum Schweigen gebracht wurde, wieder neu im Bewusstsein der gegenwärtigen Generation verankern. Gleichzeitig wollen wir mit diesem Vorhaben betonen, wie schätzens- und schützenswert die enge Nachbarschaft und Freundschaft zwischen der Tschechischen Republik und Deutschland und unser gemeinsames kulturelles Erbe in Europa sind.“
S. E. Andreas Künne, Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in der Tschechischen Republik
„Das Projekt Musica non grata ist von der goldenen Ära der ersten Tschechoslowakischen Republik inspiriert, als Prag eines der wichtigsten Opernzentren Europas war. Wir ehren damit Künstler, die dem Nationalsozialismus zum Opfer gefallen sind. Wir versuchen, ihre unermessliche künstlerische Kreativität zu zeigen, ihre Lebensfreude in einer Zeit, in der sie noch frei gestalten durften, ihre Neugier, ihren Humor und ihre Experimentierfreudigkeit. In dieser Zeit war die Oper in Prag von Offenheit und regen Kontakten mit der übrigen Welt geprägt, und diesen Ansatz wollen wir weiter verfolgen. Die Zusammenarbeit tschechischer und ausländischer Künstler ist eine der Möglichkeiten, diese aufregenden, schöpferischen Impulse zu erzeugen, die für das künstlerische Wachstum so förderlich und meiner Meinung nach gleichzeitig so erfrischend für den Betrachter sind.
Per Boye Hansen, künstlerischer Direktor der Oper des Nationaltheaters und der Staatsoper